Endlich war es wieder so weit: Die Österreichische Trachtenjugend lud von 24. bis 28. Mai Mai im Rahmen des alljährlichen Bundesjugendseminars zu Volkstanz, Plattlern, Brauchtum und Gaudi. Nachdem 2016 in Tirol nur Zeit für eine verkürzte Version des Seminares war, freuten sich die Teilnehmer umso mehr auf den diesjährigen Termin.
Austragungsort war heuer das Landesjugendheim in Losenstein im Steyrtal/Oberösterreich. Groß war die Wiedersehensfreude unter den „alten Hasen“ der Teilnehmer, für die das Seminar bereits ein Fixpunkt im volkstümlichen Jahreskreis ist. Wie schon in den letzten Jahren bemühten sich der jeweilige Landesjugendreferent (Stephan Aigner) in Kooperation mit der ÖTJ, um die Erstellung eines attraktiven Programmes. Diese Mühen ernteten nicht nur das Lob der „Routiniers“ sondern auch zahlreicher „Rookies“. Mehr als zwanzig junge, motivierte Dirndln und Burschen aus ganz Österreich gaben sich am Mittwochabend bei der ersten Tanzeinheit die Ehre. Unser Tanzleiter Anton Etzelstorfer und seine Tanzpartnerin Traudi Barth starteten gleich mit dem Einstudieren der Tänze für unseren geplanten Auftritt am Samstag. Der Rohrbacher Landler, Eggerisch (Landlerisch aus Gallneukirchen) und der Steirisch Almerisch brachten uns schon fürs erste gleich gehörig ins Schwitzen. Vor allem das - in Oberösterreich übliche - Landler-Singen verlangte uns einiges ab. Die kalte Jause als Stärkung hatten wir uns später redlich verdient. Nun war es endlich an der Zeit unser Wiedersehen ausgiebig zu feiern und die anderen Teilnehmer kennen zu lernen. Eine der Teilnehmerinnen (ausnahmsweise keine Vorarlbergerin) hatte eine besonders weite Anfahrt auf sich genommen: Andrea aus Mexiko. Sie betreute letztes Jahr die Auslandsreise der ÖTJ nach Zacatecas die Gruppe. Da sie in Prag studiert, entschloss sie sich kurzerhand, am Seminar teilzunehmen, was uns natürlich sehr ehrte! Mit Begleitung von Bassgeige und Ziehharmonika klang der Abend bei ein, zwei Tänzen gemütlich aus.
Von Voigasplattlern und Frisurengef(l)echt
Nachdem einige Teilnehmer erst verspätet anreisen konnten, folgte am Donnerstagvormittag die offizielle Vorstellungsrunde. Anschließend ging es gleich mit den Tanzeinheiten weiter. Der Mollner gab uns anfangs ein paar Rätsel auf. Handhaltung, Dreher, etc. waren nicht immer gleich für jeden verständlich. Und auch hier „fuchste“ uns vor allem das Singen: Nicht nur, dass die Texte einfach nicht in unsere Köpfe wollten, es gab leider auch so einige sprachliche Hindernisse. ? Gestärkt mit dem Mittagessen ging es ins Nachmittagsprogramm. Für die Burschen stand Platteln auf der Tagesordnung. Dafür reisten extra die Voigasplattler aus Pichl (OÖ) an. Auch hier war es spannend zu sehen, wie viele verschiedene Arten zu Platteln es gibt, denn jedes Bundesland hat eigene Schlagtechniken und Haltungen. Auf der Autobahn und der Linzer Bua wurden in einer Choreografie einstudiert. Aber auch die Voigasplattler Simon, Harri und Andreas durften etwas lernen. So zeigten unsere Burschen ihnen den Ambospolka-Plattler. Die Mädels konnten inzwischen beim Frisurenflechtkurs wertvolle Ratschläge für die Flechtfrisur zur Tracht sammeln. Zwei Frisörinnen hatten alle Hände voll zu tun, jede von uns bei den Steckfrisuren anzuleiten. Ohne größere Blessuren von Glätteisen, Lockenstab und Stielkamm konnten die wunderschönen Frisuren unseren Tanzpartnern schließlich vorgeführt werden. So gestylt und in unseren Vereinstrachten war es dann ein Leichtes, schöne und auch ausgefallene Gruppenfotos zu machen. Vor dem Abendessen ging sich dann nochmals eine zusätzliche Tanzeinheit aus. Danach zog uns die Ruine von Losenstein bei einem gemütlichen Lagerfeuer in ihren Bann. Mit der „Karretta“ (vorarlbergerisch für Schubkarren) gefüllt mit Getränken und Feuerholz marschierten wir bei Sonnenuntergang Richtung Ruine. Bei viel Witz, Tanz und Gesang (wir mussten ja noch unsere Gstanzl für die Tänze festigen) war die Stimmung ungebrochen. Auch unser Obmann, Rudi Hackl, sang kräftig mit und unterstützte unser Tun. Vom Schlafen gehen hielten uns unsere motivierten Musiker ab und als sich die Flammen schön langsam zur Ruhe neigten, ging es für uns noch in unserer Gaststube weiter.
Fritig (vorarlbergerisch für Freitag)
Am Freitag besuchte uns Günther Kreutler und zeigte uns das Peitschen-Schnalzen. Nicht jeder traute sich, das 6 Meter lange Seil zu schwingen, und es war auch keineswegs leicht. Mutig kämpften die Maüzn (Pinzgauerisch für Mädls) und Burschen mit den Seilen, die sich sehr aggressiv gegenüber jeglichen eigenen Körperteilen verhielten. Im wahrsten Sinne des Wortes „halsbrecherisch“ ging es dabei zu. Der ein oder andere lernte dann aber doch noch das Ungetüm zu zähmen und entlockte der Peitsche schließlich einen Knall. Um ein paar Blessuren reicher ging es zum etwas weniger gefährlichen Mittagessen.
Vom endlosen Suchen, der Krux mit dem Bagger und dem Grillen
Beim Geocaching am Nachmittag wurden unsere Navi- und Geografiekenntnisse auf die Probe gestellt. Aufgeteilt in drei Gruppen galt es, auf der Hohen Dirn, dem Hausberg von Losenstein, und auf der Ruine Aufgaben zu bewältigen, aus denen sich schließlich die Koordinaten für die Caches ergaben. Unsere ÖTJ-Mama Elfriede Schweikardt hatte die Caches gemeinsam mit ihrer Tochter Ann-Christin Holzinger einige Tage zuvor eigens erkundet. Alle suchten motiviertnach den Caches. Die Gruppe bei der Burgruine plagte sich jedoch am meiste – ihr Cache war unauffindbar – da war wohl jemand schneller. Jedoch war mit einem Trostpreis schnell gedient. Alle Gruppen trafen sich nun auf der Hohen Dirn. Am Wegesrand zur Hohen Dirn stand ein von weitem sichtbarer Bagger.
Die erste Gruppe wollte auf seinem Dach tanzen und ein Foto machen, dies konnte aber Gruppenbegleiterin Ann-Christin verhindert. Auch Gruppe zwei wäre gern über den Bagger hergefallen. Diesen Versuch hat Gruppenbegleiter Stephan Aigner vereitelt. Die ambitionierteste Gruppe hat schließlich den Baggerschlüssel gefunden. Die Baggerfahrt hätte beginnen können! Gäbe es da nicht die ÖTJ-Mami, die uns bemerkenswerterweise seit Jahren bei (Gott sei Dank nur fast) jedem Schabernack erwischt… Egal – mit dem Bagger hatte so jede Gruppe ihre kleine, wenn auch nur von kurzer Dauer, währende Freude. Eine weitere Aufgabe der drei Gruppen, war ein Fotowettbewerb. Das Bild der jeweiligen Gruppe sollte die Natur, Volkstanz und das ÖTJ-Logo beinhalten.
Über das beste Bild wurde dann auf unsere Facebook-Seite abgestimmt. Als letzte Aufgabe stand dann noch das „Schlapfen-Werfen“ an. Wo alle Gruppenmitglieder ihre Zielsicherheit unter Beweis stellen konnten. Nach der Wanderung freuten wir uns alle auf den bevorstehenden Grillabend. Die darauffolgende Tanzeinheit entledigte uns der Kalorien wieder… Die Spannung stieg zu späterer Stunde nochmal, als es zur Preisverleihung kam. Zu gewinnen gab es Brot, Wurst und Schokolade. Robert Mayer trumpfte mit seinen Qualitäten als Scheich und Geschichtenerzähler auf, und rief uns mit seinem Kutschen-Spiel das Atterseeseminar 2012 in Erinnerung. An diesem Abend besuchten uns auch noch zwei liebgewonnene Tänzer aus Niederösterreich, Bernhard Jagersberger und Philipp Winklmayer. Da uns ohnehin noch ein Tänzer fehlte, entschloss sich Berni (trotz seinen Verpflichtungen als Bauer) kurzerhand auch noch am nächsten Tag bei unserem Auftritt einzuspringen. Alle Achtung dafür!
Profis sind kaum fehlbar
Die Generalprobe am Samstag forderte noch einmal unsere vollste Aufmerksamkeit. Das Singen ging leider noch recht holprig von Statten und zu unser aller Enttäuschung wurde es auch nicht besser. Wir vertrauten schließlich darauf, dass es – wie so oft – dann beim Auftritt schon hinhauen würde. Die Plattler holten sich noch eine letzte Einweisung, während sich die Mädels, wie gelernt ihre Frisuren zurechtmachten. Schließlich ging es mit dem Bus Richtung Kremsmünster, wo wir auf der Landesgartenschau auftreten sollten. Unser vermeintlich ortskundiger Chef, Stephan Aigner, lotste uns aber gleich mal in das falsche Schloss. Als wir doch noch unseren Auftrittsort erreichten, war vor der Bühne noch gähnende Leere. Mit unserem Auftritt lockten wir später aus dem weitläufigen Garten des Schlosses Kremsmünster die Besucher zur Bühne, bis die Sitzplätze fast alle vergeben waren.
Als einige Kinder voller Begeisterung vor der Bühne sich von der Musik mitreißen ließen und zu tanzen begannen, wurde uns nochmals bewusst, wie wunderbar lebendig unser Brauchtum ist. Genau so soll Volkstanz sein: mitreißend und auch die Jugend verzaubernd. In der Pause vor unserem zweiten Auftritt sorgten wir im Schlossgastgarten für Stimmung. Beim zweiten Auftritt konnten wir noch einmal deutlich mehr Zuschauer anlocken. Die Werbung im Gastgarten hatte anscheinend Früchte getragen. Tragisch nur, dass uns plötzlich ein kollektiver Stimm- und Gedächtnisverlust ereilte. Als die Gstanzl, zunehmend leiser wurden, wurden auch die Tänzerinnen und Tänzer zusehends unsicherer. Beim Mollner ließen wir schließlich voll der Überzeugung im Recht zu sein einen kompletten Tanzteil aus. Gott sei Dank schlossen sich alle Tanzpaare kurzerhand dem nächsten Teil an und auch unser toller Ziehharmonikaspieler zog dabei voll mit. Profis können eben auch mit Imponderabilien gut umgehen. Nachsatz: Ausgerechnet der fehlende Tanzteil hätte aber das Singen beinhaltet. Schicksal? Zufall? Berechnung? Bei unserem Tanzleiter haben wir uns auf jeden Fall ausgiebig entschuldigt, aber unser Toni hat sich schnell besänftigen lassen.
Tanzen, so lang die Füße tragen
Nach dem Auftritt verabschiedeten wir uns von den Voigasplattlern, unseren Tanzlehrern und dem Zuginspieler. Dann ging es wieder zurück nach Losenstein, ins Gasthaus Blasl. Der Abschlussabend sollte es noch einmal so richtig in sich haben. Bei lauer Sommerluft und teils barfuß auf den Pflastersteinen im gemütlichen Gastgarten tanzend, waren wir endgültig das Glanzlicht für die Gäste aber auch uns selbst. Unsere Musikanten spielten sich quer durch die österreichischen Tänze, für die wir uns auch ein paar Mal einen Gast aus den Reihen holten. Schließlich fand sich sogar ein Kehrmeister für unsere von Schotter gesäumte Tanzfläche unter den Gästen!
Als die Musik dann überraschend einen Cha-Cha-Cha spielte, kam auch endlich unsere Mexiko-Andrea auf ihre Kosten und führte den ein oder anderen in den lateinamerikanischen Tanz ein. Die Tatsache, dass sich manch einer gar die Schuhe kaputt tanzte oder sich Blasen holte, zeigt, mit welch ungebändigter Leidenschaft getanzt wurde. Es war eine grandiose Stimmung unter den Kastanienbäumen, die über das Seminar den Schleier der Unbeschwertheit legte! Die Nacht noch zum Tag machend, sollte es auch im Quartier noch einmal lustig werden. Unsere Musikanten ließen uns genauso wenig müde werden wie die hochmotivierten Vorarlberger-Witze-Erzähler. Unsere Elisabeth aus Oberösterreich amüsierte uns ebenso, weil sie jedes Mal nach dem das Gelächter verklungen war, ein vorsichtiges „Um wos is jetzt gonga?“ vernehmen ließ.
Abschied nehmen
Am Sonntag, zeitig am Morgen, hat uns Günther dann ohne Rücksicht auf die müden Gebeine mit seiner Ziehharmonika aus den Betten gespielt. Den Vormittag widmeten wir uns der Zukunft der ÖTJ. Ideen für die Gestaltungsmöglichkeiten der nächsten Seminare wurden zusammengetragen. Auch eine Whats-App-Gruppe mit dem klingenden Namen „E.D.Ö.G – Erhaltung der österreichischen Gmiatlichkeit“ wurde gegründet. Das Gruppenbild: Ein Bagger natürlich ;) Nach dem Mittagessen war es schließlich Zeit aufzubrechen. Wenn der Abschied dann wie jedes Mal schwerfällt, dann weiß man, dass die Gemeinschaft die wir hier haben, etwas ganz Besonderes ist!