In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand im bayerischen Raum das Trachtenvereinswesen. Es erfreute sich großer Beliebtheit und verbreitete sich rasch. Zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert erreichte diese Idee auch Österreich. Die ersten Trachtenvereine wurden gegründet, breiteten sich rasch im ganzen Land aus und erfuhren so in der Zwischenkriegszeit einen großen Aufschwung.
Bald erkannte man auch die Vorteile von Zusammenschlüssen zu Verbänden. Der Zweite Weltkrieg unterbrach die Vereinstätigkeit vieler Trachtenvereine, die nach dem Krieg ihre Vereinsarbeit wiederaufnahmen. Im Jahr 1947 war es dann so weit, der Landesverband der oberösterreichischen Trachtenvereine wurde gegründet. Es begann eine einzigartige Entwicklung dieser Organisation mit Höhepunkten bis zum heutigen Tag.
Ausstellung „70 Jahre Heimat- und Trachtenvereine Oberösterreich“
Das OÖ. Landesmuseum hat das Jubiläum „70 Jahre Heimat- und Trachtenvereine Oberösterreich“ zum Anlass genommen, der Entwicklung dieser Organisation im Sumerauerhof eine Ausstellung zu widmen. Unter dem Thema „Miteinand im Trachtengwand“ ist diese Ausstellung vom 7. Mai bis 29. Oktober 2017 zu besichtigen. Am 7. Mai 2017 wurde die Ausstellung mit einem Festakt im Sumerauerhof in St. Florian bei Linz eröffnet. Der Dachverband der Heimat- und Trachtenvereine Oberösterreich zählt derzeit über 10.000 Mitglieder und ist in 117 Vereinen organisiert. Gemäß dem Motto „Treu dem guten alten Brauch“ pflegen sie unsere Traditionen, das Schnalzen, den Volkstanz, den Schuhplattler, das Volkslied, die Volksmusik, das Amateurtheaterspiel, unsere Trachten und Bräuche und geben ihr Wissen an die nächsten Generationen weiter. Sie sind international im Austausch mit anderen Trachtenvereinen und bemühen sich um einen interkulturellen Dialog.
Zur Eröffnungsfeier war der zum Festsaal umfunktionierte Stadel mit über 150 geladenen Gästen gefüllt. Nach der Begrüßung durch die Wissenschaftliche Direktorin des OÖ. Landesmuseums, Dr. Gerda Ridler, folgten die Grußworte der Ehrengäste. Zur Ausstellung sprach Frau Mag. Dr. Thekla Weissengruber. Sie erwähnte, dass es Tracht ganz sicher nicht gäbe, wenn wir nicht einige zeitgemäß orientierte Gruppen von Heimatfreunden in Oberösterreich gehabt hätten, die Heimat- und Trachtenvereine nach bayerischem Vorbild gegründet hätten. Es war übrigens der Aufmerksamkeit der bayerisch königlichen Obrigkeit gegenüber dem Thema „Trachten“ geschuldet, dass diese frühen Trachtenvereine in Bayern und in Österreich entstanden sind. Die Trachtenvereine wurden zu den Ausrichtern großer Festlichkeiten und schon bald sehr wichtig für den Tourismus und die Sommerfrische. Sie gestalteten unsere Heimatabende, die Kirchtagsfeste und vieles mehr. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden sie aufgelöst, dem Führerprinzip eingeordnet und für politische Zwecke missbraucht. Dennoch konnte sich der Gedanke der Trachtenvereine über diese schweren Jahre retten, und so fand in den Jahren nach dem Krieg die erneute Gründung dieser Vereine in Österreich statt, nämlich 1945 bis 1948.
In diesen Jahren wurde auch eine Neueinkleidung in die von Franz C. Lipp erneuerten oberösterreichischen Trachten vorgenommen. Gebirgstrachtenvereine verschwanden immer mehr zugunsten von Trachtenvereinen in regionaltypischer Tracht. Auch die Tracht der Trachtenvereine hat sich in diesen Jahren wesentlich verändert. Heute sind es 70 Jahre, dass der Dachverband sein Jubiläum feiern kann. Die zahlreichen Grußworte und Reden im Rahmen der Eröffnung wurden immer wieder durch Darbietungen der Regionalverbände aufgelockert. Der Innviertler Landler, die siebenbürgischen Volkstänze, der Schuhplattler, aber auch der Bandltanz, sie alle trugen zu einer gelungenen Feier bei. Höhepunkt dieser Veranstaltung war zweifelsfrei die Rede von Dr. Alexander Jalkotzy von der OÖ. Landeskulturdirektion, der die Ausstellung im Namen von Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer eröffnete und somit den Weg für eine wunderbare Zeitreise durch 70 Jahre Heimat- und Trachtenvereine frei machte.